Die E-Mail, die mich gut findet

Die E-Mail, die mich gut findet

Heute Morgen habe ich eine Nachricht mit der Einleitung »Hi Bernhard! I hope this email finds you well!« bekommen. Der Gruß mit »Hi Bernhard« erweckt zunächst den Eindruck einer lockeren Nachricht, der durch formellen Redewendung, die danach folgt, aufgehoben wird. Die Bedeutung dieser gestelzten Einleitung ist wahrscheinlich den meisten Lesern klar. Es ist einfach eine Variation, um die Nachricht nicht mit einem einfachen »I hope you are doing well!« beginnen zu müssen. Wie sagen wir das eigentlich im Deutschen, wenn wir nicht ständig mit einem nervenden »Ich hoffe, es geht Ihnen gut.« beginnen wollen?

Als ich den weiteren gedrechselten Text dieser E-Mail meiner Frau vorgelesen habe, ergab sich eine längere Diskussion über die korrekte Übersetzung der besagten Redewendung »I hope this email finds you well!«. Ich habe dann vorgeschlagen, einen Versuch einer maschinellen Übersetzung mit DeepL zu unternehmen, da ich neugierig war, ob der renommierte Übersetzungsdienst eine natürlich klingende deutsche Redewendung parat hat. Einer der Vorschläge von DeepL »Ich hoffe, dass diese E-Mail Sie gut findet!« war ein Test für die Lachmuskeln. Als ich mich wieder im Griff hatte, war meine Reaktion: Das kann doch nicht sein!

Die Alternativen, die DeepL nannte, waren unter anderem: »Ich hoffe, dass es Ihnen mit dieser Nachricht gut geht!« Als weitere Alternative dazu schlug DeepL vor: »Ich hoffe, es geht Ihnen gut!«. Ich fand das Ergebnis für einen renommierten Übersetzungsdienst einerseits enttäuschend und andererseits ziemlich verunsichernd: Ist die Bedeutung wirklich, wie im zuvor genannten Vorschlag behauptet, dass sich das »well« auf den Inhalt der Nachricht bezieht oder wollte der Absender, wie in einem weiteren Vorschlag zu lesen, einfach nur sagen, dass er hofft, dass es mir gut geht? Hierzu habe ich einen Artikel von Ashleigh Ferguson gefunden, der dem auf den Grund geht.

Die Bedeutung der Redewendung ist laut Ferguson: »Ich hoffe, Sie sind bei guter Gesundheit, wenn Sie diese E-Mail erhalten«. Den Ursprung der Redewendung sieht sie in der veraltete Formulierung in Briefen: »I hope this letter finds you well.« Vor dem digitalen Zeitalter waren Briefe die wichtigste Form der Geschäftskorrespondenz. Es konnte Tage dauern, bis ein Brief den Adressaten erreichte. Die Frage nach der Gesundheit war damals keine Floskel, weil man sich länger nicht gesehen hatte und sich der Gesundheitszustand des Adressaten in der Zwischenzeit durchaus hätte ändern können.

Heute, im digitalen Zeitalter ist die englische Einleitung zu einer allgemeinen Begrüßung geworden, die viele Menschen als antiquiert und unecht empfinden. Trotzdem habe ich versucht, eine gute deutsche Formulierung zu finden und bin nach längerem Knobeln bei »Ich hoffe, diese Nachricht erreicht Sie/Dich bei bester Gesundheit!« gelandet. Schön – nur sagt das im Deutschen niemand, es sei denn, man möchte jemanden mit seinem bombastischen Stil beeindrucken oder vielleicht einfach auf die Schippe nehmen. Dann doch lieber gleich mutig mit »Ich hoffe, dass diese E-Mail Sie gut findet!« beginnen. Glauben Sie mir, eine Reaktion wird prompt erfolgen.