Angriff der Riesenspinne

Angriff der Riesenspinne

23 Jahre nach dem Artikel des Spiegels über das Erbgut von Mais (»Mais-Erbgut fasziniert Forscher«), zieht die heute-show vom 2.12.2022 ihr Fazit zu genmanipulierten Pflanzen: »Gentechnik ist besser als ihr Ruf« Und wer ist am schlechten Ruf schuld? Na klar, wir, die ungebildeten Verbraucher. Man muss sich folgendes anhören: Habt ihr nicht schon immer kritiklos bestrahlte Lebensmittel wie Zombie-Tomaten gegessen und Massentierhaltung unterstützt? Und jetzt stellt ihr euch so wegen einiger genmanipulierter Pflanzen an? Jetzt möchtet ihr plötzlich Auskreuzungen genetisch manipulierter Pflanzen mit biologischen verhindern und eine wahrheitsgetreue Deklaration von Lebensmitteln durchsetzen? Man ahnt, was die Redaktion einem mit dieser Beitrag sagen möchte, der wie von der Gentechnik-Industrie gesponsert wirkt: »Kommt erst wieder, wenn ihr die erste Pflanze genmanipuliert habt und halbwegs mitreden könnt.«

Der Vorschlag der heute-show zur Lösung unserer Klimaprobleme: Anstatt primär die Ursache der immer näher kommenden Klimakatastrophe zu beseitigen, manipulieren wir jetzt schon mal die Gene von Pflanzen, damit sie hitzeresistenter werden. Man ahnt, wie es weiter geht: Wenn der Mensch die Hitze dann auch nicht mehr aushält, kommt er als nächstes an die Reihe. Bei dieser heute-show fühlt man sich wie in dem sinnlosen Film »Interstellar« von Christopher Nolan: Die Erde ist verseucht, und daher suchen wir uns jetzt einen anderen Planeten. Und Leute, denen solche Überlegungen hirnrissig erscheinen, sind so blöd wie Leute, die sich Müllfilme wie den »Angriff der Riesenspinne« ansehen und glauben, dass solche Monster durch Genmanipulation entstehen können. Klar, wenn mir jemand etwas über genmanipulierte Pflanzen erzählt, denke ich sofort an Tiere wie Riesenspinnen, nichts liegt näher.

Nach diesem Beitrag der heute-show vom 2.12.2022 würde ich sagen, dass vor allem die verantwortliche Redaktion der heute-show spinnt und nicht die Verbraucher, die die Gentechnik mit Skepsis betrachten. Oder wie ist zu erklären, dass die heute-show kein Wort darüber verliert, wer von dieser Technik finanziell profitiert, dass die Konzerne Erbinformationen patentieren lassen wollen oder die Angst vieler vor der Gentechnologie durch Vergleiche zu B-Pictures mit Riesenmonstern ins Lächerliche zieht? Bei dem gezeigten Trash-Film handelt es sich übrigens um den Film mit dem deutschen Titel »Angriff der Riesenspinne«. Handlung: Ein (vermutlich verstrahlter) Meteor fällt auf das Grundstück eines Farmers. Der findet am nächsten Morgen seltsame schwarze Objekte, die er für Steine hält. Es sind aber Spinneneier, aus denen später Vogelspinnen schlüpfen, von denen eine etwas größer wird und Appetit auf Menschen entwickelt. Wertung des Lexikons des Science-Fiction-Films: »Ein Schwachsinn sondergleichen«.

Ist denn den Leuten, die wie die heute-show Gentechnik verharmlosen, nicht klar, um was es geht? Es geht ganz schlicht um die Angemessenheit der Lösung für ein Problem. Die Schnittstelle zur Manipulation von Erbinformationen ist bei der Gentechnik eine andere als bei natürlich oder durch Züchtung genmodifizierten Pflanzen. Es geht darum, dass wir durch Gentechnik, ähnlich wie bei Züchtungen, die Auslese der Natur ausschalten. Die Tests, die die Natur für uns über einen langen Zeitraum durchführt, sind aus meiner Sicht für ein Ökosystem unerlässlich, da sie zeigen, ob eine Pflanze sich für das Leben eignet und andere Lebewesen nicht schädigt. Man kürzt das Verfahren einfach ab, weil man so arrogant ist, zu glauben, man hätte die komplexe Materie fest im Griff. Hat man das wirklich? Mais enthält zum Beispiel rund 2,3 Milliarden Basenpaare und mehr als 32.000 Gene. Wie viele Testfälle benötigt man, um die Auswirkungen in einem komplexen Ökosystem zuverlässig abschätzen zu können? An wen oder was testet man solche genmanipulierten Pflanzen?

Ein schöner Wikipedia-Artikel beschäftigt sich mit der Chaos-Theorie. Ein Zitat aus dem Artikel: »Den meisten Vorgängen in der Natur liegen nichtlineare Prozesse zugrunde. Entsprechend vielfältig sind die Systeme, die chaotisches Verhalten zeigen können.« Was bedeutet das für die Gentechnik? Wer kann heute zuverlässig vorhersagen, was passiert, wenn man direkt in diese Erbinformationen eingreift und hierbei Fehler unterlaufen? Die Antwort der heute-show: die Wissenschafter. Man muss kein Pessimist sein, wenn einem dabei Michael Crichtons Kritik an der Wissenschaftsgläubigkeit der Gesellschaft in den Sinn kommt. »Wissenschaftler sind eigentlich damit beschäftigt, etwas zu erreichen. Sie konzentrieren sich also darauf, ob sie etwas tun können. Sie hören nie auf zu fragen, ob sie etwas tun sollten. Sie definieren solche Überlegungen bequemerweise als sinnlos. Wenn sie es nicht tun, wird es jemand anderes tun. Entdeckungen, so glauben sie, sind unvermeidlich. Also versuchen sie einfach, es zuerst zu tun. Das ist das Spiel in der Wissenschaft.«